Italiens WM-Fluch geht weiter – „ein Alptraum“
256 Tage nach Wembley-Party: Italiens WM-Fluch geht weiter – „ein Alptraum“
Allen voran für Roberto Mancini kam ein Verpassen der WM nicht infrage, für den italienischen Nationaltrainer galt nur „Szenario A“. Doch schon gegen Außenseiter Nordmazedonien gab es in der Nachspielzeit die herbe Bruchlandung nur Monate nach der großen Sause. Und nun? Diskussionen und Medienschelte stehen bevor.
Vom anvisierten Weltmeistertitel bei der Winter-WM 2022 in Katar hatte Roberto Mancini wiederholt gesprochen, das sei das Ziel, an dem er festhalte. Die Realität ist aber eine gänzlich andere: Die stolzen Azzurri, immerhin viermaliger WM-Sieger und amtierender Europameister nach einem großen Turnier im letzten Sommer, scheiterten in den WM-Play-offs bereits im heimischen Palermo an Nordmazedonien.
Die Teilnahme am Großturnier wurde somit schon zum zweiten Mal in Folge verpasst – weil allen voran Domenico Berardi für eine weitestgehend dominante Squadra Azzurra auch beste Chancen nicht genutzt hatte und schließlich in der Nachspielzeit Aleksandar Trajkovski einfach mal abzog und links unten gegen Gianluigi Donnarumma zum äußerst überraschenden 1:0 traf (90.+2).
Und neben seinen WM-Sieg-Parolen („Wir wollen Weltmeister werden“) hatte Mancini auch „eine Woche der Leidenschaft“ von seinen Schützlingen gefordert. Es wurde am Ende nur ein Tag des sportlichen Grauens aus italienischer Sicht – 256 Tage nach der Wembley-Party.
Die WM-Gedanken an 2006 verblassen immer mehr
Den GAU verdeutlicht auch folgende Statistik: Das letzte K.-o.-Spiel der Azzurri bei einer Weltmeisterschaft datiert inzwischen aus dem Jahr 2006, als das damalige Team um Helden wie Gianluigi Buffon, Alessandro Nesta, Fabio Cannavaro, Gennaro Gattuso, Andrea Pirlo, Francesco Totti, Alessandro del Piero oder Luca Toni im Endspiel Frankreich im Elfmeterschießen (5:3) geschlagen hatte.
Seither lautet die Bilanz: Aus in der Gruppenphase 2010, Aus in der Gruppenphase 2014, WM 2018 in Russland nach Play-off-Aus gegen Schweden verpasst, WM 2022 in Katar nach peinlichem Aus gegen Nordmazedonien verpasst. Nun heißt es bis zur nächsten Chance bis zum Turnier 2026 in Kanada, den USA und Mexiko warten – 20 Jahre wird das letzte K.-o.-Spiel bei einer Weltmeisterschaft dann her sein, sofern es bei dieser Endrunde überhaupt mit der Teilnahme sowie dem Überstehen der Gruppenphase klappt. Der „Worst Case“ wäre, wenn der WM-Fluch so „fröhlich“ weitergehen würde.
Mancini: „Es tut mir leid“
Für Mancini ist das nach „der schönsten Erfahrung in meinem Leben“ (den EM-Sieg im Finale gegen England im Sommer) nun „die größte Enttäuschung seines Lebens“. Das gab der Trainer direkt nach dem Aus gegen Nordmazedonien zu und führte weiter aus: „Wir hätten eigentlich gar nicht hier sein dürfen, wir haben die Gruppe dominiert (Platz 1 in der WM-Quali-Gruppe an die Schweiz förmlich hergeschenkt; Anm. d. Red.) … Es fällt schwer, darüber jetzt zu reden.“
Eine Katastrophe für Italien!
„GAZZETTA DELLO SPORT“
Ein wenig mehr wurde der 57-Jährige aber noch los: „Es tut mir leid für diese Gruppe aus tollen Spielern. Sie sind mir noch mehr ans Herz gewachsen als letzten Sommer. Das ist einfach ein sehr schwerer Moment für sie, für uns alle.“ Allen voran sicher auch für Leonardo Bonucci (34, angeschlagen nicht im Kader) und Giorgio Chiellini (37, erst spät eingewechselt), deren Nationalmannschaftskarrieren sich ohnehin dem Ende neigen.
Was die Zukunft bringt und ob eventuell seine Zukunft als Nationaltrainer fraglich ist, wusste Mancini derweil nicht zu sagen. Mit betretener Miene sprach er lediglich: „Es ist zu früh, um zu sagen, was passieren wird. Die Enttäuschung überwiegt. Alle werden nun erst einmal viel zu enttäuscht sein, um direkt an die Zukunft zu denken. Es wird nicht einfach in den nächsten Tagen.“ In naher Zukunft werden sich er und seine Spieler in jedem Fall erst einmal mit harten Schlagzeilen aus der gewohnt kritischen Landschaft italienischer Gazetten herumschlagen – einen Anfang hat noch am späten Donnerstagabend die „Gazzetta dello Sport“ gemacht: „Eine Katastrophe für Italien!“
Oder in den Worten von Marco Verratti: „Ein Alptraum!“
Quelle: Kicker
Italien vor dem Umbruch: Dieser Elf gehört die Zukunft
Eine Fußballnation in Schockstarre! Italien verpasst zum zweiten Mal in Folge eine WM – und das als amtierender Europameister. Ausgerechnet gegen den Fußballzwerg Nordmazedonien. Welche Schlüsse sollte die Squadra Azzurra daraus ziehen?
„Blauer Albtraum!““Desaster für Italien!““Die nächste Katastrophe!“
Die italienischen Gazzetten fanden nach der Playoff-Blamage deutliche Worte für die italienische Nationalmannschaft, die innerhalb weniger Monate vom europäischen Champion zum europäischen Gespött avancierte. Trotz 32 Torschüssen und einer expected-Goals-Rate von 2,78 schafften es die Italiener nicht, gegen Nordmazedonien einen Treffer zu erzielen.In der 92. Minute fasste sich auf der Gegenseite Trajkovski ein Herz, traf die Kugel satt und stürzte die Azzurri ins Verderben.
Für die Italiener ist das Verpassen der WM kein Betriebsunfall, wie er mal passieren kann. Nein: Italien verpasst bereits zum zweiten Mal in Folge eine WM – nachdem man zuvor zweimal in Folge bereits in der Gruppenphase ausgeschieden war. Seit 2006 haben die stolzen Südeuropäer nicht mehr die K.o.-Phase einer WM erreicht. Mamma mia, eine Katastrophe!
Giorgio Chiellini sagte nach dem Abpfiff: „Wir sind enttäuscht, gebrochen, am Boden zerstört.“ Und Nationaltrainer Roberto Mancini, bei der EM noch umjubelter Held, ließ offen, ob er seinen Posten nach der Blamage überhaupt behalten werde: „Wir werden sehen – die Enttäuschung ist zu groß, um über die Zukunft zu sprechen.“
Es ist klar, dass sich bei den Italienern etwas verändern muss. Spieler wie Chiellini, aber auch Leonardo Bonucci und Lorenzo Insigne haben ihren Zenit überschritten und sollten – bei allen Leistungen und Heldentaten, die sie im azurblauen Trikot vollbracht haben – für die weitere Zukunft keine Rolle mehr spielen.Auch hinter dem Wirken von Jorginho steht ein Fragezeichen. Der Chelsea-Star, an dem sich häufig die Geister scheiden, wird in der Heimat bereits als Sündenbock bezeichnet, weil er in der Gruppenphase der WM-Quali zwei Elfmeter gegen die Schweiz liegen ließ – und somit „schuld“ daran war, dass Italien überhaupt in die Playoffs musste.
„Es tut weh, wenn ich daran denke. Es wird mich für den Rest meines Lebens verfolgen“, gab Jorginho nach dem bitteren Abend in Palermo zu.
Doch wie sollte die Squadra fortfahren? Mit welchen Spielern kann Italien wieder Erfolg haben? Der Versuch, eine Elf für die Zukunft aufzubauen:
Tor & Abwehr
Zwischen den Pfosten ist Gianluigi Donnarumma zweifelsfrei gesetzt. Am Keeper von PSG lag es nicht, dass Italien die WM verpasst hat – der Nachfolger des legendären Buffon ist vielmehr der Grund, dass die Azzurri sich in den nächsten 15 Jahren keine Gedanken um die Torwartposition machen müssen.
In der Abwehr ist es an der Zeit, das Ende von Bonucci und Chiellini einzuläuten. Das Juve-Duo hat eine überragende EM gespielt, ist in Summe jedoch zu selten fit, um ernsthafte Optionen für die Zukunft zu sein. Es braucht eine feste Stamm-Innenverteidigung, um die herum ein Gerüst aufgebaut werden kann: Gianluca Mancini und Alessandro Bastoni haben das Zeug, zu Leadern für die Italiener zu werden.Hinten links muss Italien hoffen, dass Leonardo Spinazzola nach seinem Achillessehnenriss wieder sein altes Niveau erreichen kann. Schafft er das, sollte er natürlich gesetzt sein – er ist mit Abstand Italiens bester Linksverteidiger.Auf der rechten Seite scheint Giovanni Di Lorenzo die beste Wahl, mit Davide Calabria steht zudem eine adäquate Alternative zur Auswahl. Sofern der Mailänder denn endlich mal berufen wird.
Mittelfeld
Im Mittelfeld ist es an der Zeit, auf die Zukunft zu bauen. Ohne Wenn und Aber! Und genau deshalb scheint ein Jorginho auch verzichtbar – denn die Youngster sind zu gut, als dass man sie nicht fördert.
In erster Linie ist hier ein Sandro Tonali zu nennen, der in der laufenden Serie-A-Saison jedes Spiel bosst! Der Milan-Star gehört in die erste Elf – er kann ein Leader für das kommende Jahrzehnt werden. Mit Nicolo Barella steht ein weiterer, hochtalentierter Profi zur Verfügung, der seine besten Jahre noch vor sich hat.
Lorenzo Pellegrini und Davide Frattesi sind zwei andere Akteure, die man im Nationalteam viel häufiger aufbieten sollte. An Marco Verratti scheint hingegen noch kein Weg vorbei zu führen, seine Dynamik, Aggressivität und Erfahrung würden gut zu den anderen Mittelfeldspielern passen.
Angriff
32 Schüsse – kein Tor. Das sagt schon ziemlich viel aus über die italienische Sturmreihe. Das erste Opfer des Umbruchs sollte Lorenzo Insigne sein, der seine besten Zeiten hinter sich hat und durch seinen Wechsel in die USA ohnehin von der Bildfläche verschwindet. Auch bei Ciro Immobile darf man sich fragen, ob er noch der richtige Mann ist. Als solide Option von der Bank kommend? Okay. Als Stammspieler? Eher nicht. Vielmehr gehört einem Gianluca Scamacca die Zukunft – entsprechend sollte der baumlange Angreifer auch zum Stürmer Nummer eins befördert werden. Sein bevorstehender Wechsel zu einem Topklub sollte sein Standing ohnehin entsprechend steigern.
Die größte Hoffnung der Italiener ist aber zweifelsfrei Federico Chiesa, der nach seinem Kreuzbandriss schmerzhaft vermisst wurde. Wäre der Juve-Star fit gewesen, hätte die Partie gegen Nordmazedonien womöglich einen anderen Verlauf genommen – Chiesa ist einfach DER Unterschiedsspieler der Italiener.
Als zweiten Flügelspieler hätte man noch Nicolo Zaniolo und Giacomo Raspadori zur Auswahl. Beide sind 22 Jahre jung, hochtalentiert und Leute, auf die man in Zukunft setzen sollte. Wobei die Zukunft für die Italiener nach der Blamage JETZT beginnen muss.
Quelle: Onefootball.com